Passive und aktive Führung

Ein RAC≡L®-Gedanke zum Thema Führung

Verfasst am 06. November 2017 von Ralf Klaus Lorenz

Heute will ich ein Thema betrachten, dass aus meiner Sicht für erfolgreiche Führung von zentraler Bedeutung ist: aktive und passive Führung:

Das Prinzip der aktiven und passiven Führung funktioniert nach den gleichen psychologischen Mechanismen wie die zwei Faktoren Theorie von Herzberg [Myers, David G.: Psychologie. Springer, ISBN 3-540-21358-9, Seite 888] oder die Wirkung der nonverbalen und verbalen Kommunikation.

Dazu zunächst ein paar theoretische Gedanken. Herzberg definiert die sogenannten Hygienefaktoren. Sie tragen in der Arbeitsmotivation zwar nicht direkt zur Motivation bei, verhindern aber, wenn sie nicht gegeben sind oder als schlecht beurteilt werden Motivation. Sie entstammen dem Arbeitsumfeld und sind z. Bsp. Entlohnung und Gehalt, Personalpolitik, Führungsstil, Arbeitsbedingungen einschließlich Autonomie und Unterstützung, zwischenmenschliche Beziehungen zu Mitarbeitern und Führungskräften, Sicherheit der Arbeitsstelle und der Einfluss auf das Privatleben. Dem stellt Herzberg die sogenannten Motivatoren entgegen, die die Motivation zur Leistung an sich positiv beeinflussen. Sie entstammen in der Regel dem Arbeitsinhalt und sind z. Bsp. Arbeitsleistung und Erfolg, Anerkennung, Arbeitsinhalte, Verantwortung, Aufstieg und Beförderung sowie Wachstum.

Aus den verschiedensten Studien und sicherlich aus eigener Anschauung wird die Bedeutung der nonverbalen im Verhältnis zur verbalen Kommunikation deutlich. Der Kommunikationsforscher Paul Watzlawik [Paul Watzlawick, Janet H. Beavin, Don D. Jackson: Menschliche Kommuni­kation. Formen, Störungen, Paradoxien. 11., unveränd. Auflage 2007, Bern: Huber, S. 53–70] hat den Satz geprägt: „man kann nicht nicht kommunizieren“.

Nicht verbal zu kommunizieren ist, zumindest für die meisten, einfach und möglich, aber über die nonverbale Kommunikation drücken wir unsere aktuelle Stimmung, Befindenslage und Überzeugung dennoch aus. Wenn sich jemand hier versucht zu verstellen und die eigentlichen Gegebenheiten zu verschleiern, so gelingt das, wenn überhaupt, nur unter dem Aufbringen einer großen Anstrengung und nicht über einen längeren Zeitraum. Tatsächlich ist die Wirkung der nonverbalen Kommunikation sogar wesentlich stärker als die der verbalen. Wenn man sich bewusst macht, wie leicht es den Menschen fällt, mit verbaler Kommunikation nicht die Wahrheit zu sagen, ist das auch nachvollziehbar. Und das wird ja nicht zuletzt regelmäßig von den verschiedensten Ver­tretern aus Politik, Wirtschaft und Sport unter Beweis gestellt. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass sich der Mensch im Laufe der Evolution Techniken erarbeitet hat, die es ihm ermöglichen, zumindest die Konsistenz der Aussagen seiner Mitmenschen einzu­schätzen und Unstimmigkeiten zu identifizieren. Auch hier wird wieder das Streben nach und die Wichtigkeit der Sicherheit deutlich.

Ähnlich ist das auch mit der passiven und aktiven Führung. Aktive Führung ist ja noch (vermeintlich) relativ einfach: als Führungskraft sage ich meinen Mitarbeitern einfach an, was zu tun ist. Jedoch auch hier steckt der Teufel im Detail, wie ich später noch ausführe und was die hohe Dichte an Führungskräfteentwicklungsprogrammen eindrucksvoll belegt.

Viel schwieriger ist das Thema passive Führung. Das vertrackte daran ist, dass es fatale Folgen hat, wenn sie nicht passt. Elemente der passiven Führung sind zum Beispiel das (Vor-)Leben der Unternehmenswerte, das vorbildliche Verhalten, respektvoller und auf­merksamer Umgang mit den Mitarbeitern und Kollegen, ein empathischer Umgang mit anderen, etc. Letztendlich zum größten Teil weiche Faktoren, die unterstreichen, dass wir das, was wir von unseren Mitarbeitern verlangen auch selbst bereit sind zu tun. Bei dieser Gelegenheit kommt mir ein Spruch in den Sinn, den meine Mutter mir bereits in frühester Kindheit mit gegeben hat: „Was Du nicht willst, was man Dir tu, das füg‘ auch keinem anderen zu!“. Erst später habe ich realisiert, dass bereits Immanuel Kant diesen Grundgedanken mit seinem kategorischen Imperativ postuliert hat.

Warum ist eine stimmige passive Führung so wichtig? Ein großer Effekt entspringt sicher aus dem Gerechtigkeitsbedürfnis, dass wir alle in irgendeiner Form mit uns herumtragen. Weiterhin ermöglicht die Stimmigkeit zwischen dem gezeigten und dem verlangten Verhalten der Führungskräfte die Identifikation mit ihnen. Das wiederum vermittelt Sicherheit und befriedigt so eines unserer Grundbedürfnisse. Zusätzlich erzeugt sie eine Deckungsgleichheit zwischen nonverbaler und verbaler Kommunikation, was ebenfalls Irritation und Verunsicherung verhindert. Hinzu kommt, dass wir uns zu Menschen mit einem stimmigen und sozial erwünschten Verhalten wesentlich mehr hingezogen fühlen, uns leichter mit ihnen identifizieren und sie so eher respektieren können, was ja bekanntlich für erfolgreiche Führung nicht unbedeutend ist.

Aber auch die aktive Führung ist nicht ganz so einfach wie oben beschrieben: die Führungskraft sagt, der Mitarbeiter macht. Sicherlich unterstützen hier disziplinarische Mittel, mit denen Führungskräfte Anweisungen durchsetzen können. Jedoch führt das Zurückziehen auf diese Option in der Regel zu Angst, einer hohen Unzufriedenheit und in der Folge zu unerwünschtem Verhalten, bei dem die Entscheidung das Unternehmen zu ver­lassen noch die unproblematischste ist.

Gott sei Dank hat sich die standardmäßige Drohung mit arbeitsrechtlichen Schritten und anderen Repressalien, also das Führen mit Angst, überlebt. Sicher sind Ermahnung, Abmahnungen und im Extremfall Kündigungen immer noch ange­brachte Mittel, aber nur als ultima ratio, als letzte Möglichkeit, wenn alles andere nicht funkti­oniert hat. Exzellente Erfolge kann man als Führungskraft hier erreichen, wenn man Mit­arbeiter respektvoll und aufmerksam behandelt, wenn man offen und ehrlich, aber wert­schätzend kommuniziert, wenn man den Mitarbeitern die Kompetenz gibt, die sie für die Er­füllung Ihrer Aufgaben brauchen und wenn man klar, kompetent und konsequent definiert, wer was bis wann machen soll. Führungskräfte, die diese Techniken anwenden merken sehr schnell, dass die allerallermeisten Mitarbeiter Leistung erbringen wollen, wenn man sie lässt.

Versuchen Sie es doch mal.

In diesem Sinne: führen Sie gut, auch und vor allem sich selbst!

 

Zum Autor:

Ralf Klaus Lorenz ist Dipl. Kaufmann und Wirtschaftsjurist und seit über 20 Jahren in verantwortlicher Position im Personalwesen tätig. Er verfügt sowohl in der Metall-/Elektro und der Lebensmittelindustrie, als auch im Groß- und Einzelhandel und der Dienstleistung über praktische Erfahrung. Seit nunmehr über sechs Jahren verantwortet er eine Personalmanagementberatung und ist neuerdings lizensierter RAC≡L® Berater und RAC≡L® Leadership Trainer und Coach.

Redakteur: Max Lill

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